Noch heuer soll das Internet aus der Strom-Steckdose kommen
Die Feldversuche des Stromversorgers EVN sind abgeschlossen. Niederösterreicher, Wiener und Oberösterreicher könnten als erste im Stromnetz surfen.
VON PETRA PERCHER
WIEN. Internet aus der Steckdose ist eigentlich keine revolutionäre Idee, beschwichtigt der Projektleiter des niederösterreichischen Energieversorgers EVN, Wolfgang Lehner, gleich zu Beginn. Rein technisch gesehen freilich. Die Erschließung der Stromnetze als Kommunikationsmedium nahm schließlich bereits 1899 ihren Ursprung. Damals wurde ein erstes Patent für die Tonfrequenz-Rundsteuertechnik erteilt, die aber erst ab 1970 zur Steuerung von Tag- und Nachtstrom eingesetzt wurde.
Mit der Technologie, die heute unter "Powerline" bekannt ist, hat das zugegebenermaßen wenig zu tun. "Internet durch die Steckdose wird das Surfen revolutionieren", schwärmt EVN-Sprecher Stefan Zach. Und in der Tat: Auf der Surf-Insel, die in der EVN Neunkirchen (Am Spitz 16) zur Gratis-Nutzung steht, bauen sich selbst aufwendigste Graphik-Seiten blitzschnell auf. "Wann kommt das endlich für zu Hause?", fragt ein User. Der EVN-Sprecher vorsichtig: "Wir hoffen heuer."
Im ersten Stadium soll eine Übertragungsgeschwindigkeit von drei Megabit pro Sekunde erreicht werden. Bereits 2002 kann diese auf zehn und 2004 auf 20 Megabit gesteigert werden, verspricht der deutsche Konzern Ascom. Dieser entwickelt die Modems, die Steckdose und PC verbinden, und führte damit bereits Feldversuche in einem Dutzend Staaten - darunter auch Österreich - durch.
Doch wie kommt das Internet in die Stromleitung? Grundsätzlich gibt es ein ganz gewöhnliches Glasfasernetz als Verbindung zum Internet. Diese Glasfaserkabel werden zu den Trafostationen verlängert, die prinzipiell den Starkstrom von 20.000 auf 230 oder 400 Volt herunterregeln. Das Niederspannungsnetz von der Trafostation zur Steckdose dient als sogenannte "letzte Meile", die früher dem Ex-Monopolisten Telekom Austria vorbehalten war. Darüber können neben Strom auch Daten, Sprache und Videos übertragen werden. Allein die EVN hat 10.000 Trafostationen für die Versorgung von durchschnittlich 60 bis 150 Haushalten. In Ballungszentren können bis zu 490 Haushalte angehängt werden.
Hier liegt auch der erste Haken: Je mehr Konsumenten die Trafostation als Internet-Zugang nutzen, desto geringer wird die Übertragungsgeschwindigkeit. Laut Testergebnis fällt die Rate von drei auf ein Megabit pro Sekunde, wenn 20 Leute gleichzeitig im Internet surfen. "Das ist immer noch viel im Vergleich zu ADSL mit 512 Kilobit", sagt Lehner. Der zweite Haken: Powerline funktioniert nur bis zu einer Entfernung von 300 Meter in Topqualität. Innerhalb dieses Radius könnten im städtischen Gebiet 70 Prozent, im ländlichen Bereich 50 Prozent der Haushalte abgedeckt werden. Für längere Distanzen gebe es bereits Verstärker, deren Einbau in der ersten Phase aber zu teuer käme.
"Wie ein Gelsenstecker"
Der dritte und größte Haken - das "Damoklesschwert über die Zukunft der Technologie", wie es Zach formuliert - ist die Frequenzvergabe. Dabei gehe es um das Problem der Auswirkungen auf Funkanlagen, das national und international gelöst werden muß, sagt der stellvertretende Leiter der obersten Fernmeldebehörde, Alfred Stratil. Anfang Februar gebe es darüber Gespräche mit der EVN.
In Schweden, Island und Deutschland ist dieses Problem bereits so gut wie gelöst. Die Wogen gehen bei diesem Thema dennoch hoch - ein Blick auf
www.nein-zu-powerline.de genügt. Die Datenübertragung im Stromnetz erfolgt laut EVN outdoor auf ein bis zehn, indoor auf 15 bis 30 Megahertz. "Amateurfunk, Botschaftsfunk, Kurzwelle - alles ist da drin", weiß Lehner. Insgesamt gebe es in diesem Bereich 22.000 registrierte Sender.
Sollten die Genehmigung bis zum Sommer kommen und die Modems ausgeliefert werden, könnte der Powerline-Start noch heuer erfolgen. Da sich die EVN mit den Wiener Stadtwerken und der Linzer ESG zur Energie Allianz zusammengeschlossen hat und ihre Partner regelmäßig über die Fortschritte beim Powerline-Projekt informiert, ist davon auszugehen, daß nach Niederösterreich auch Wien und der Großteil Oberösterreichs über die Steckdose ins Internet gelangen können.
"Und was soll das kosten?", fragt der Gast-Surfer bei EVN noch. Zu Beginn wird das Ascom-Modem einmalig etwas mehr als 2000 Schilling kosten, rechnet Lehner. Die zweite Generation soll billiger werden und auch kleiner: "Es soll ausschauen wie ein Gelsenstecker." Ein bißchen teurer wird das Modem mit Telephon-Adapter - damit kann über die Stromleitung auch telephoniert werden. Ein Teil der Bandbreite ist jedenfalls für störungsfreie Gespräche reserviert. Die EVN kann sich zahlreiche Services vorstellen: Die Zählerablesung kann online erfolgen, die Stromrechnung elektronisch abrufbar sein, sogar Haushaltsgeräte können über das Internet vom Büro aus gesteuert werden, auch hausinterne Netze sind leicht aufzubauen. Selbst die permanente Überwachung über Kameras ist möglich.
In den nächsten Wochen muß bei der EVN nur noch die Entscheidung fallen, ob sie über ihre Tochter Kabelsignal selbst als Provider auftritt oder - die wahrscheinlichere Variante - einen Partner ins Boot holt. Bei den Testversuchen war die UTA (eine Tochter der Landesenergieversorger, also auch der EVN) dabei. Erst dann können Preismodelle errechnet werden, sagt Lehner. <b>Vermutlich werde es aber "attraktive" Flat-Rates für die Online-Zeit mit einem Download-Limit geben.</b> Zach ist schon jetzt sicher: "<b>Es wird billiger als vergleichbare Anbieter." Die gesteckten Ziele sind entsprechend ehrgeizig: In nur einem Jahr 30 Prozent Marktanteil im erreichbaren Gebiet.</b>
© Die Presse | Wien
MfG
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